Straelen zu Fuß – Von der grünen Couch bis zu den „Alltagsmenschen“

28.05.2021

Wart ihr schon mal in Straelen? Ich muss gestehen, dass heute mein erster Besuch in der schönen Stadt am Niederrhein ist. Höchste Zeit also, dass ich auf Entdeckungstour gehe, bei der ich natürlich kompetent begleitet werde. Es gibt hier so viel zu sehen, aber meine Highlights waren definitiv die berühmte grüne Couch und die mittlerweile 14 „Alltagsmenschen“ von der Künstlerin Christel Lechner, die das Stadtbild auf besondere Art und Weise prägen.

Farben
Container

Die grüne Couch…

… vor dem Rathaus ist auch unser Treffpunkt und sogar das Wetter zeigt sich heute, sehr passend, mal von seiner trockenen Seite. „Herzlich willkommen in Straelen“, begrüßen mich

Annika Cleve und Margret Linßen vom Stadtmarketing & Tourismus, die mich heute bei meiner Tour begleiten und mir alles zeigen. „Wir stehen auch direkt schon vor dem Wahrzeichen unserer Stadt, dass vier Meter breit und 2,75 Meter hoch ist und stolze 12 Tonnen wiegt. Die Couch wurde in einer Nacht- und Nebelaktion damals hier aufgestellt und feiert Ende August 20-jähriges Jubiläum“, erklärt mir Margret. „Sie steht mit ihrer frischen, grünen Farbe für Wachstum, Leben, Blumen und Entwicklung in unsere Stadt.“ 

Als ich näher dran gehe, fällt mir auf, dass es sich bei dem „Polster“ der Couch um echtes Gras handelt. „Ja, das stimmt, wir haben sogar eine integrierte Bewässerungsanlage und die Basis bildet ein Konstrukt aus GFK-Platten, wie man sie aus dem Bootsbau kennt, und ein Stahlgitter. Da es sich um das beliebteste Fotomotiv der Stadt handelt, wird es oft von Kindern, Hochzeitspaaren, Touristen & Co., aber auch von Karnevalisten und Schützen genutzt und muss so einiges aushalten.“ Klar, dass ich die Gelegenheit ebenfalls nutze und mich auch mal entsprechend positioniere, natürlich inklusive einer passenden Requisite, dem „Straelen für Kinder“-Buch, auf das ich später noch eingehen werden. Gesponsert wurde die Couch übrigens von vielen Unternehmen hier aus Straelen wie beispielsweise der Volksbank an der Niers, dem Straelener Hof und bofrost*.

 

Dem ersten „Alltagsmenschen“…

… begegnen wir direkt unmittelbar vor der Couch – der Fotograf. „Einer von zwei Alltagsmenschen, der keinen Namen hat. Und da hier so viel fotografiert wird, ist die Position einfach perfekt“, lacht Margret. Ein paar Meter weiter, auf der Ecke am Ostwall, steht auch schon die nächste Figur – Manni, der Berater. Gesponsert wurde er von dem Steuerberater Manfred Eikes und so ist der „Alltagsmensch“ zu seinem Namen gekommen.

 

Vorbei am EÜK & dem Stadtarchiv…

Dann geht es schräg gegenüber in eine kleine Gasse in Richtung Kirchplatz vorbei an der Rückseite des Europäischen Übersetzer-Kollegium Straelen e.V., auch kurz EÜK genannt, das mit sieben verbundenen Häusern und 275.000 Büchern sowie 30 Apartments weltweit einzigartig ist. „Hier kann man nichts übersetzen lassen, sondern nur selber übersetzen. Man bewirbt sich als professioneller literarischer Übersetzer*in, darf kostenlos hier wohnen und bekommt vor Ort alles, was er/sie zum Übersetzen braucht. Selbst auf den Toiletten sind noch Bücher untergebracht“, lacht Margret. „Und finanziert wird das Ganze in erster Linie vom Kulturministerium NRW und der Stadt.“

Direkt daneben befindet sich das Stadtarchiv, das im 15. Jahrhundert ein Getreidespeicher war. Heute kann man sich hier sogar einen alten Frisörladen, eine alte Uhrmacher-Werkstatt und vieles mehr anschauen und ist auch für Kinder ein lohnenswertes Ausflugsziel. Besichtigungen und Führungen kann man ganz einfach direkt über die Stadt buchen.

 

… bis zur Kirche & dem Marktplatz

Ein paar Schritte weiter steuern wir direkt auf den Kirchplatz und dort auf die katholische Pfarrkirche St. Peter & Paul zu. „Die Kirche wurde damals in verschiedenen Etappen gebaut, was man nicht nur von außen, sondern auch von innen sieht“, erklärt Margret weiter und lädt mich ein, auch einen Blick in die Kirche zu werfen. Direkt ins Auge fallen mir im Inneren die bunten, riesigen Chorfenster und der wunderschöne Altar, der aus der „Antwerpener Schule“ stammt und im 15. Jahrhundert geschnitzt wurde. „Ein besonderes Highlight ist hier auch unsere Orgel der Firma Stockmann, die von unserem Kirchenkantor Otto Maria Krämer gespielt wird. Veranstaltungen wie der „Internationale Straelener Orgelherbst“ ab dem 19. September sind dann immer gut besuchte Termine, in denen er und weitere Virtuosen ihr Können unter Beweis stellen“, freut sich Margret schon.

Als wir die Kirche verlassen, strahlt uns die Sonne entgegen und begleitet uns bis zum Marktplatz, dem Herzstück der Stadt. Vom weitem sehe ich auch weitere „Alltagsmenschen“, aber den nächsten Zwischenstopp legen wir an dem Marktbrunnen ein. Zu sehen sind hier prägnante Figuren der Stadt, die man sogar verstellen kann, und daher auch bei den Kindern sehr beliebt sind. Die erste Figur, die mir Margret vorstellt, ist der Bischof Anno II. von Köln als Grund- und Schirmherr Straelens. Daneben befindet sich ein Schützenoffizier und ein Clown, denn sowohl das Thema Bruderschaften und Karneval sind wichtige Bestandteile der Stadt. Die vierte Figur symbolisiert das Blumenmädchen, ein Sinnbild für die starke Frau im Gartenbau, ohne die es den Gartenbau überhaupt nicht gegeben hätte. Das aktuelle und leibhaftige 9. Blumenmädchen der Stadt ist übrigens Lisa Stienen, die auch selber Gärtnerin ist und für ihre Heimat brennt.

 

Mehr über die „Alltagsmenschen“

Geradeaus und quer über den Marktplatz finden wir gleich vier „Alltagsmenschen“ auf einmal und den Menschen in Form einer Figur, die den Grundstein für die Aktion mit den „Alltagsmenschen“ gelegt hat – den Ehrenbürgermeister der Stadt, Matthias Bocksteger. Auf seiner Beerdigung hatte er sich gewünscht, dass er weder Kränze noch Blumen möchte, sondern man eine Spende für den Verein „L(i)ebenswertes Straelen“ tätigen sollte. Damit wurde 2019 der erste „Alltagsmensch“ – der Mann mit der Kappe – finanziert. Daraus hat sich dann so eine Dynamik entwickelt, dass immer mehr Unternehmen der Region „Alltagsmenschen“ sponserten und mittlerweile schon 14 Stück das Bild der Stadt bereichern.

Neben dem „Mann mit der Kappe“ gibt es zwei weitere, besondere Grazien auf einem grünen Sofa neben denen Margret direkt Platz nimmt. „Das sind Tante Käthe und Fräulein Sofie“, stellt sie mir die beiden vor. „Käthe ist die Hauswirtschaftsfrau vom Pastor und Sofie eine Hebamme – zwei Originale aus Straelen. Und hier sitzen sie und beobachten das Treiben auf dem Marktplatz und lästern natürlich auch.“ „Früher hat man sich noch analog getroffen, ohne Social-Media“, ergänzt Annika lachend. Direkt daneben steht der beinahe schon laufende bofrost*Mann, für den der Verkaufsfahrer Andreas Kawaters Modell gestanden hat. Gesponsert wurde diese Figur natürlich von der Firma bofrost*, einer der größten Arbeitgeber in Straelen. In der Hand hält der bofrost*Mann das beliebte Botinchen-Eis, was ich auch noch aus meiner Kindheit kenne. Schön zu sehen, dass das Kindereis immer noch Teil des Sortiments ist.

Hinter den Figuren befindet sich übrigens das Kaffee Krone (Markt 13), in dessen Innenhof-Garten mit einem großen Feigenbaum wir einen kurzen Blick werfen. „Hier verbringen wir gerne unsere Mittagspause“, verrät Annika, „man ist abgeschottet und kann wunderbar abschalten.“

 

Kleines Glockenspiel

Bevor wir uns den nächsten „Alltagsmenschen“ nähern, kommen wir noch in den Genuss eines Glockenspiels, was zu jeder vollen Stunde zu hören ist. Die Melodie ist dabei immer passend zur Jahreszeit und heraus kommt ein Kaufmann und ein Bauer mit einem Schwein unterm Arm, die sich quasi per Handschlag einig werden. „Bis zu den 70er-Jahren war das hier der Schweinemarkt und diese Figuren erinnern an den traditionellen Handel“, erklärt mir Margret weiter.

 

Neue „Alltagsmenschen“

Als nächstes passieren wir den Weltladen, der ebenfalls zum Verein „L(i)ebenswertes Straelen“ gehört und steuern auf der Venloer Straße gegenüber der Feinkost- Weine- und Bistrolokalität Straelemann, in dem es zufällig auch den tollen Willicher Fleuth Gin von meinem Fotografen Malte zu kaufen gibt, zwei weiteren „Alltagsmenschen“ an. Das sind Opa This und Enkel Martin – die erst vor kurzem neu dazugekommen sind, erklärt mir Margret. Sie stehen für die Tradition des St. Martin und in der Hand sehe ich auch die Vorrichtung für eine Laterne, die aber wohl erst zur Saison angeschraubt wird.

Folgt man der Straße bis zum Ende und schaut nach rechts, fällt der nächste, neue „Alltagsmensch“ am Johann-Giesberts-Platz ins Auge – der Gärtner Rudi. „Er ist nicht nur ein Symbol für die grüne Branche, für die Straelen steht, sondern die Inhaberin des Straelener Hofs Angelika Hoffmann und ihr Bruder Herbert erinnern auch an ihren verstorbenen Vater, der leidenschaftlicher Gärtner war“, erzählt mir Margret weiter.

Auch von dort sind es nur wenige Schritte bis zum nächsten „Alltagsmenschen“ und Annika und Margret nutzen die Gelegenheit mir zu erzählen, dass man zum Entdecken der „Alltagsmenschen“ auch eine Stadtrallye machen kann. Weitere Infos dazu gibt es direkt auf der Homepage oder bei ihnen im Stadtmarketing- & Tourismusbüro. Auch das Buch „Straelen für Kinder“ ist eine tolle Ergänzung und hilft nicht nur den Kleinen Straelen zu entdecken. Das Buch ist randvoll gefüllt mit Geschichte und Geschichten, Wissen und Wissenswertem aus und über Straelen und gespickt mit vielen Infos, Bildern und Mitmach-Aktionen für Kinder ab dem Grundschulalter. Erhältlich ist das Buch, das auch bald ins Niederländische, Englische, Polnische und Französische übersetzt werden soll, auch u.a. im Stadtarchiv und im Tourismusbüro des Kulturring am Markt.

Dann erreichen wir am Nordwall auch den nächsten, neuen „Alltagsmenschen“ – den Stroelse Jeck, ein stiller Karnevalist mit Anzug, roter Nase und Karnevalsorden um den Hals. „Sein Blick ist auf die bofrost*HALLE gerichtet, wo normalerweise zahlreiche Karnevalsveranstaltungen stattfinden, und auch den Karnevalszug sieht man von seinem Standpunkt aus“, betont Margret. „Seine unscheinbare Kleidung soll deutlich machen, dass man auch während des ganzen Jahres seinen Humor nicht verlieren sollte. Direkt neben ihm seht ihr auch den St. Martins-Brunnen, der keine 100 Meter vom Marktplatz übrigens entfernt ist. Das Sankt-Martins-Komitee und die Stadt Straelen konnte diesen mit Unterstützung vieler Sponsoren und Spender errichten und konnte 2002 eingeweiht werden. Wir haben übrigens einen ganz tollen Sankt Martin hier, der das schon seit 51 Jahren macht und mit dem großen roten Umhang und einem Schimmel schon was her macht“, lacht Margret.

„Die Straelener sind übrigens gerne mit dem Fahrrad unterwegs und haben mindestens eins zu Hause. Straelen ist auch die einzige Stadt am Niederrhein, in die mehr Menschen zum Arbeiten hinkommen, als wegfahren“, verrät mir Margret auf dem Weg zum Ostwall / Ecke Gelderner Straße zum Alltagsmenschen in Form eines Blumenmädchens. Das ist Rosalie und sie hat nicht nur echte Blumen in ihrem Körbchen, die gerade bepflanzt werden, als wir ankommen, sondern trägt auch das Kleid des ersten Straelener Blumenmädchens, was damals maßangefertigt wurde.

Von hier aus geht es leider langsam wieder zurück zum Ausgangspunkt. Vorbei an der Schustergasse, in der damals das Handwerk ausgeübt wurde, genauso wie in der Weber-, Getreidegasse & Co., geht es wieder am Marktplatz vorbei zur grünen Couch.

Euch ist sicher aufgefallen, dass ich ein paar „Alltagsmenschen“ unterschlagen habe, aber die dürft ihr selbst finden und entdecken. „Aktuell arbeiten wir auch an neuen Führungen und Touren, auch wieder mit dem Bus. Weitere Infos finden deine Leser dann direkt auf unserer Homepage“, erklärt mir Annika noch. Ich komme definitiv wieder und freue mich schon, noch mehr, besonders über das Thema Gartenbau – es gibt in Straelen über 200 Gartenbaubetriebe – zu erfahren.

 

Noch mehr Infos bekommt ihr übrigens hier:

https://niederrhein-tourismus.de/ortsportrait/straelen