Einen Tag und eine Nacht in Xanten – Von Klompen-Rundgang bis zum Pesthäuschen
Xanten gehört mittlerweile zu einer meiner Lieblingsstädte am Niederrhein und da es hier so viel zu entdecken gibt, bin ich dieses Mal ein bisschen länger geblieben. Über Tag durfte ich an einer Klompenführung teilnehmen und übernachtet habe ich in dem kleinen, aber feinen Pesthäuschen mitten in der Stadt. Was ich alles erlebt habe, lest ihr hier…
Für meine kleine Xanten-Tour habe ich mir den perfekten Tag ausgesucht. Die Sonne strahlt, der Himmel ist mehr als blau und auch die Vögelchen zwitschern um die Wette – ideal, um meine kleine Xanten-To-Do-Liste abzuarbeiten. An der Tourist Information an der Kurfürstenstraße 9 treffe ich mich zuerst mit der dortigen Geschäftsführerin Hannah Keuchel, die mich heute begleitet.
Mein erster Klompen-Rundgang
Der erste Punkt auf meiner Liste steht auch schon fest. Wir machen einen Klompen-Rundgang durch Xanten. Was Klompen sind? Das sind Holzschuhe, die aus einem einzigen Holzblock hergestellt werden. Ihr kennt sie bestimmt aus dem Holland Urlaub. Und genau solche, werde ich bei dem Rundgang tragen. Geführt werden wir von Bärbel Melchers, die in die Rolle der Magd Stina Mölders schlüpft und dazu traditionelle, rheinische Tracht trägt.
Nach der Begrüßung führt Bärbel unsere Gruppe direkt zum naheliegenden Meerturm, der übrigens 1389 entstanden ist. Hier ist nicht nur eine kleine Klompenausstellung, sondern wir bekommen auch unsere Klompen für den Rundgang inklusive dicker, frisch gewaschener Socken. „Unsere kleinsten Klompen starten bei Größe 31 und die Größten gehen bis Größe 52“, erklärt Bärbel und hilft uns bei der richtigen Wahl. Es gibt die niederländische Variante in Gelb und eine naturbelassene, westfälische Variante mit Lederband, für die ich mich entscheide. Die ersten Schritte sind schon seltsam, fast so, als ob man was angedudelt ist, bestätigt auch Hannah lachend.
Klompen-Facts mit Fitness-Programm
„Im Winter hat man früher Stroh in die Klompen aus Pappelholz gelegt, damit man keine kalten Füße bekam, aber heute wird das nicht nötig sein“, lacht Bärbel und verrät noch ein paar Infos rund um die Klompen. Einst hat der Klompenmaker zehn Paare in einer Stunde geschafft und Klompen wurden sogar zum Schmuggeln verwendet, weil sie ein gutes Versteck boten.
Als alle ihre Klompen anhaben, kann unser Rundgang starten. „Bevor wir die Stadt „abklappern“, mache ich euch aber noch etwas fit“, schmunzelt unsere Magd und stimmt ein kleines Lied mit dem schönen Titel „Es geht nichts über die Gemütlichkeit“ an, das zur Klompenkirmes damals zum Besten gegeben wurde. Dazu zeigt sie uns ein kleines Tänzchen, was wir ihr nachmachen sollen, was bei allen auch ganz gut klappt, obwohl die Schritte immer schneller aufeinander folgen. Jetzt haben wir nicht nur unsere Lachmuskeln, sondern auch unser Fußmuskeln trainiert und wir starten in Richtung Marktplatz.
Walk of Fame
Auf dem Weg dorthin bleiben wir kurz stehen und Bärbel weist darauf hin, dass wir auf dem Boden auf eine Platte mit einem Fußabdruck schauen sollen. „Wir haben hier in Xanten auch einen Walk of Fame. Berühmte Gäste, wie hier Christine Neubauer, können sich hier verewigen. Aber auch wer kein Star ist, hat die Möglichkeit, so zu einem Teil von Xanten zu werden, was aber etwas kostspieliger ist“, erklärt uns Bärbel.
Übrigens haben schon in römischer Zeit Menschen, Tiere und Fahrzeuge ihre Spuren im Xantener Boden hinterlassen, die von Restauratoren abgeformt und konserviert wurden. Diese kann man sogar im LVR-RömerMuseum anschauen.
Leichen im Keller
Dann wird es etwas gruselig, als wir an der evangelischen Kirche am Markt stoppen. Bis 1777 wurden hier Leichen im Keller untergebracht, erzählt Bärbel: „Neben der Kirche fehlte der Platz für Bestattungen und so wurde die Kirche unterkellert, um eine Begräbnisstätte zu schaffen. Vielleicht kommt ja da das Sprichwort ‚Eine Leiche im Keller haben‘ her?“
Es gab auf dem Marktplatz übrigens auch einen Pranger und wenn jemand bestraft wurde, schnitt man ihm die Ehre ab. Damit war aber nur das Gewand gemeint, das gekürzt wurde. So konnte jeder sehen, dass derjenige etwas ausgefressen hat.
Mehr Anekdoten…
Die nächste Redewendung lässt nicht lange auf sich warten, denn es gab am Marktplatz früher auch eine Münzprägerei. Kennt ihr das Sprichwort „Geld auf den Kopf hauen“? Damals stand nur auf einer Seite der Münze die Zahl. Ging es um die Bezahlung legte man das Geldstück so hin, dass man die Zahl sehen konnte.
Ich finde es total spannend, Bärbel zuzuhören, mehr über Xanten zu erfahren und den Histörchen und Anekdoten zwischen Kirche und Kneipe zu lauschen.
… und Histörchen
Vorbei an einer steinernen Pumpe aus dem Jahr 1736, die zusammen mit vielen weiteren Pumpen das Stadtbild Xantens prägt, gehen wir auf den Norbertbrunnen zu, der sich vor der Passage zum Dom befindet. Gerade wird dieser von einigen Kindern und Familien belagert, die in der Sonne ein Eis von dem Eiscafé direkt dahinter genießen. „Der heilige Norbert gehörte schon in jungen Jahren zum Xantener Viktorstift und führte ein standesgemäßes Leben, bis er der Legende nach von einem Blitz getroffen wurde und sich vom Saulus zum Paulus verwandelte. 1582 wurde er heiliggesprochen“, erzählt uns Bärbel.
Durch das naheliegende Michaelstor sehe ich schon den Xantener Dom, dessen Namensgeber der heilige Viktor ist, der immer wieder in der Stadt auftaucht. „Die fünfschiffige Basilika misst zwar nur die Hälfte des Kölner Doms, wurde aber auch nur in der Hälfte der Zeit erbaut“, lacht Bärbel. „Aber unser Dom hat auch elf Glocken, wie der Kölner Dom, und pro Tag sind es genau 504 Glockenschläge, die ertönen.“
Unser Rundgang ging von hier aus natürlich noch weiter. Unter anderem ging es noch zur Kriemhildmühle, die ursprünglich ein Wehrturm der Stadtmauer war, danach zur Öl- und jetzt zur Getreidemühle wurde. Hier wird tatsächlich noch regelmäßig Mehl frisch gemahlen und zu Bio-Brot & Co. verarbeitet, was man direkt vor Ort kaufen kann.
Ihr wollt dabei sein?
Mehr verrate ich an der Stelle aber nicht, nur, wie ihr selbst an einem öffentlichen Klompen-Rundgang teilnehmen und mehr über die Geschichte und Bräuche Xantens erfahren könnt. An der öffentlichen Führung könnt ihr im Sommerhalbjahr (April bis September) samstags für acht Euro pro Person teilnehmen. Los geht es immer ab 15.30 Uhr. Treffpunkt ist die Tourist-Info und hier bekommt ihr auch mehr Informationen zur 90-minütigen Tour. Seid ihr eine nette kleine Truppe bis maximal 20 Personen, dann könnt ihr auch eine private Führung zu einem anderen Zeitpunkt buchen. Infos hierzu gibt es auch bei Tourist-Info.
Das Pesthäuschen
Jetzt geht es für mich zum nächsten, gemütlichen Punkt auf meiner Xanten-To-Do-Liste – ich beziehe das Pesthäuschen an der Poststraße. Der Name ist etwas skurril, das muss ich zugeben, aber Hannah hat mir erklärt, dass, auch wenn Xanten in der Vergangenheit des Öfteren von Seuchen heimgesucht wurde, es sehr zweifelhaft ist, dass das Häuschen jemals als Pflegestation für Pestkranke diente.
Es liegt eher nahe, dass es 1591 als Gartenhaus in spätgotischer Bauweise gebaut wurde. Auch der Maler Gustav Ruhnau, nach dem in Xanten eine Straße benannt wurde, lebte etwa 30 Jahre hier. 2013 wurde es vollständig renoviert.
Mein Aufenthalt
Schon von außen ist das Pesthäuschen schon sehr hübsch anzusehen. Das zweistöckige Backsteinhäuschen ist für maximal zwei Personen geeignet und bietet auf 56 qm alles, was man braucht – eine funktionale Küchenzeile, ein schönes Bad mit Dusche, auf der ersten Etage ein gemütliches Wohnzimmer mit einem Sofa und TV und ganz oben ein romantisches Schlafzimmer mit Doppelbett.
Große Menschen sollten wohl an der ein oder anderen Stelle den Kopf etwas einziehen, aber das ist absolut machbar. Mir gefällt besonders das moderne Mobiliar und die alte Atmosphäre des Gebäudes, was einen reizvollen Kontrast zum Wohlfühlen bietet. Vor allen Dingen das Wohnzimmer ist wirklich sehr gemütlich und ich habe mir auch schon ein Plätzchen auf dem Sofa ausgeguckt, auf dem ich es mir gleich mit einer der Kuscheldecken bequem mache… die Nacht war übrigens sehr entspannend und ich habe super geschlafen…
Historisch übernachten
Wenn ihr auch im Pesthäuschen übernachten wollt, ist ein Mindestaufenthalt von zwei Nächten vonnöten und kostet ab 80 Euro, ab sieben Übernachtungen gibt es 10 % Rabatt. Buchen könnt ihr direkt über den Vermieter, die Tourist Information Xanten hier. Die Tourist-Info bietet übrigens insgesamt sechs außergewöhnliche Ferienunterkünfte in vier historischen Gemäuern – neben dem Pesthäuschen im Türmchen am Westwall, im Mitteltor und im Klever Tor.