Faszinierende Geschichte live erleben – Die Hanse am Niederrhein
Über die Hanse am Niederrhein habe ich in dem ein oder anderen Blogbeitrag schon mal kurz berichtet. Höchste Zeit also, das spannende Thema einmal zu vertiefen. Deshalb verrate ich euch heute mehr über die Anfänge, die Blütezeit und das Ende der Hanse, was die Städte Emmerich, Kalkar und Wesel damit zu tun haben, wo ihr heute noch die Hanse erleben könnt und warum ihr den Hanseradweg einmal testen solltet. Bereit für ein bisschen „Wissen to go“ rund um die Hanse?
Beginnen wir erstmal mit der Begrifflichkeit – was steckt hinter dem Begriff Hanse eigentlich? Er erinnert an eine Ära des Handels, mächtige Städtebünde und wirtschaftlichen Erfolg – kurz: an den Wohlstand im mittelalterlichen Europa. Hansestädte an der Nord- und Ostseeküste sind zwar am bekanntesten, aber gerade die Geschichte der Hanse am Niederrhein, genauer gesagt in den Städten Kalkar, Emmerich und Wesel, sind ebenso bedeutsam wie faszinierend.
Habt ihr gewusst, dass diese Städte wichtige Knotenpunkte im Netzwerk der Hanse waren und zur Entwicklung einer mächtigen Wirtschaftsgemeinschaft beitrugen?
Von den Anfängen…
Die Ursprünge der Hanse reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als Kaufleute und Händler begannen, sich in Städtebünden zusammenzuschließen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu schützen und zu fördern. Die erste dokumentierte Erwähnung der Hanse stammt übrigens aus dem Jahr 1159, als Kaufleute aus Lübeck und Hamburg ein Abkommen schlossen, um ihre Handelswege zu sichern – der Startschuss für die Entwicklung eines Netzwerks von Handelsstädten, das sich bald über die Küstenregionen der Nord- und Ostsee erstreckte.
… und der Blütezeit der Hanse
Ein Jahrhundert später erlebte die Hanse ihre Blütezeit. Städte wie Lübeck, Hamburg, Bremen, Rostock, Danzig und viele andere schlossen sich zu einem mächtigen Bündnis zusammen, um gemeinsam Handel zu treiben und politischen Einfluss auszuüben. Die Hansestädte etablierten Handelsniederlassungen in ganz Europa, von England bis nach Nowgorod in Russland.
Die wirtschaftliche Stärke der Hanse beruhte auf ihren Handelsrouten, die den Austausch von Waren wie Fisch, Getreide, Holz, Pelzen und Luxusgütern ermöglichten. Die Hansekaufleute entwickelten spezielle Handelskontore, die als Zentren des Austauschs dienten und den Handel effizienter machten.
Einfluss & Herausforderungen
Die wirtschaftliche Macht der Hanse führte auch zu politischem Einfluss. Die Hansestädte waren in der Lage, Allianzen zu schmieden und Verträge mit anderen Mächten abzuschließen. Sie kämpften gegen Piraterie und versuchten, ihre Handelswege zu sichern. Allerdings führte dieser Erfolg auch zu Konflikten, insbesondere mit anderen Handelsmächten und territorialen Herrschern.
Im Laufe der Zeit traten neue wirtschaftliche und politische Entwicklungen auf, die die Macht der Hanse herausforderten. Die Entdeckung neuer Seewege nach Übersee und der Aufstieg nationaler Königreiche änderten das Kräfteverhältnis im Handel.
Das Ende der Hanse
Im 17. Jahrhundert begann der Einfluss der Hanse allmählich zu schwinden. Die Kriege und politischen Veränderungen Europas untergruben die wirtschaftliche Macht der Hansestädte. Die Ära der Hanse war zwar vorbei, aber ihr Erbe überdauert bis heute und hinterließ eine bedeutende kulturelle und wirtschaftliche Prägung in den Regionen, in denen sie aktiv war.
Aber wie sah das genau in Kalkar, Emmerich und Wesel aus?
Kalkar: Einstiger Handelsknotenpunkt
Damals
Besonders Kalkar spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Hanse. Bereits im 14. Jahrhundert wurde Kalkar Mitglied im Hansebund, was zu einem verstärkten Handel und Wohlstand führte. Die Stadt war für den Handel mit Getreide, Holz und Tuch bekannt und unterhielt Handelsbeziehungen mit anderen Hansestädten in ganz Europa. Ein Zeugnis dieser Epoche ist vor allem die imposante St. Nicolai-Kirche – ein Symbol der einstigen wirtschaftlichen Blüte, aber auch das gotische Rathaus.
Heute
Als ich Mai für meinen Blog zu Besuch in Kalkar war, durfte ich mir eine weitere Besonderheit anschauen – ein riesiges, beeindruckendes Hansegemälde gleich um die Ecke zwischen Städtisches Museum und Krankenhaus mit Blick auf die Stadtwindmühle, dass 2022 entstanden ist und sehr realistisch gemalt wurde. Zu sehen ist hier das Rathaus, eine Kauffrau und ein Künstler. Es wird also die Verbundenheit zur Hanse deutlich, aber auch die Kalkarer Geschichte wird sichtbarer.
Die Hansebilder entstanden als Teil eines grenzüberschreitenden Projektes und auch in Emmerich und Wesel lassen uns gigantische Hansebilder in die Welt der Hansekaufleute, Händler und Handwerker eintauchen, die das wirtschaftliche und kulturelle Leben Europas geprägt haben.
Emmerich: Ein Hafen für den Hansehandel
Damals
Die strategische Lage von Emmerich am Rhein machte die Stadt zu einem wichtigen Hafen für den Handel der Hanse. Der Rhein ermöglichte den Transport von Waren in alle Richtungen und trug zur Stärkung des Handelsnetzwerks bei. Emmerich florierte als Handelszentrum, insbesondere für den Getreidehandel. Das historische Stadtbild von Emmerich erzählt noch heute von seiner Vergangenheit als Mitglied der Hanse.
Heute
Auch in Emmerich am Rhein spiegeln die Hansebilder eindrucksvoll die Geschichte der Stadt als wichtiger Handelsknotenpunkt wider. Ein neues Wandgemälde ist erst im letzten Jahr am Steintor entstanden. Das Besondere hier: Durch das Einscannen eines QR-Codes erscheinen auf der Wandmalerei Echtzeit-interaktive Elemente.
Ebenso das Hansemuseum Emmerich nimmt mit Besucher auf eine Reise in die Hansezeit. Nicht nur beeindruckende Kunstwerke und Artefakte werden hier ausgestellt, sondern auch das tägliche Leben der Hansekaufleute und Händler zum Leben erweckt. Das Museum vermittelt ein lebhaftes Bild von der Bedeutung Emmerichs als Hafenstadt und Handelszentrum.
Wesel: Einflussreiche Hansestadt am Niederrhein
Damals
Wesel war zweifellos eine der einflussreichsten Hansestädte am Niederrhein. Die Stadt war ein Knotenpunkt für den Handel mit Waren wie Tuch, Wein, Salz und Fisch. Wesel genoss nicht nur wirtschaftlichen Erfolg, sondern übte auch politischen Einfluss aus. Die Kaufleute aus Wesel waren maßgeblich daran beteiligt, Handelsverträge auszuhandeln und Allianzen zu schmieden.
Heute
Vor kurzem war ich auch in Wesel zu Gast und habe dort nicht nur den Feierabendmarkt besucht, sondern durfte auch noch die Stadt erkunden. Eines meiner Highlights war das Hanseband in Form eines anthrazitfarbenen Steinbandes auf dem Boden mitten in der Innenstadt. 185 Städte sind auf diesem verzeichnet, die dem Hansebund der Neuzeit oder dem Westfälischen Hansebund angehören.
Aber auch im Berliner Tor befindet sich ein Stück der Geschichte der Hanse, denn hier sind die Räumlichkeiten des Hanseforum untergebracht. Sehr komprimiert und anschaulich erfahrt ihr mehr zu den alten Handelswegen Wesels und zu typischen Handelsgütern der Zeit. Im Treppenhaus gibt es einen Zeitstrahl von der Gegenwart in die Vergangenheit.
Das gotische Rathaus, das imposante Willibrordi-Dom und andere historische Gebäude erinnern ebenfalls an Wesels Rolle als einflussreiche Hansestadt. Das Hansebild in Wesel stellt übrigens den Handel von damals auf dem Großen Markt dar und wurde auch im vergangenen Jahr zwei Wochen lang aufgemalt.
Kleiner Termin-Tipp
Vom 27. bis zum 29. Oktober findet das historische Hansefest statt. Wesentlicher Gedanke des Festes ist, getreu dem Motto „Vesalia hospitalis“, die Freundschaft zu den Hansestädten zu pflegen und die Geschichte der Blütezeit Wesels in Erinnerung zu behalten. Seit über 25 Jahren wird dieses Fest mit einer Hansemeile samt historischen Bauern- und Mittelaltermarkt schon gefeiert.
Kennt ihr die Hanseradwege?
Wenn ihr die Spuren der Hansezeit aktiver entdecken wollt, kann ich euch die Hanseradwege empfehlen. Sie verbinden historische Hansestädte, reizvolle Landschaften und kulturelle Sehenswürdigkeiten zu einem unvergesslichen Erlebnis für Geschichtsinteressierte, Naturliebhaber und Radfahrer gleichermaßen. Insgesamt 450 Kilometer ist dieser Radweg lang, der die Grenze überschreitet und auf acht hanseatische Etappen aufgeteilt ist. Er startet in Neuss und rheinabwärts führt der Radweg bis nach Harderwijk.
Die Hanseradwege am Niederrhein führen durch einige der schönsten Städte der Region, darunter natürlich auch wieder Emmerich, Kalkar und Wesel. Beginnen könnt ihr eure Reise in Emmerich, wo die schon erwähnten historischen Hansebilder und das Hansemuseum auf euch warten. Auf dem Weg nach Kalkar erlebt ihr malerische Landschaften und charmante Dörfer, bevor ihr die Hansegeschichte in Kalkar u.a. am gotischen Rathaus und der St. Nicolai-Kirche erleben könnt. Schließlich führt der Weg nach Wesel, wo ihr u.a. von imposanten Gebäuden wie dem gotischen Rathaus und dem Willibrordi-Dom empfangen werdet.
Zeitreise auf zwei Rädern
Entlang des Hanseradweges taucht ihr nicht nur in die malerische Natur des Niederrheins ein, sondern eben auch in die Geschichte und Kultur der Hansezeit. Entlang der Strecke findet ihr übrigens informative Tafeln und Museen, die euch Einblicke in das Leben der Hansekaufleute und Händler geben.
Die Hanseradwege am Niederrhein sind also mehr als nur Radwege – sie sind ein Abenteuer durch die Geschichte, die Natur und die Kultur dieser faszinierenden Region.