Besondere Wanderroute – Teil 19: Der Premium-Spazierweg Tüschenbroicher Runde in Wegberg

01.11.2024

Möchtet ihr euch nach Feierabend noch etwas bewegen oder sucht ihr fürs Wochenende einen nicht allzu langen Wanderweg, der einen ganz besonderen Charme hat und sogar Kultur und Geschichte bietet? Dann ist meine nächste besondere Wanderroute perfekt für euch – der Premium-Spazierweg Tüschenbroicher Runde in Wegberg.

Container

Dieser Premium-Spazierwanderweg gehört zu einer neuen Kategorie, die der Naturpark Schwalm-Nette ins Leben gerufen hat. Gleich sechs von diesen Wegen hat der Naturpark vom „Deutschen Wanderinstitut“ zertifizieren lassen, zwei davon liegen im Kreis Heinsberg.

Sie wurden speziell für diejenigen geschaffen wurden, die sich nach einem entspannten Naturerlebnis sehnen, ohne gleich eine lange Wanderung unternehmen zu müssen. Der Rundweg erstreckt sich über lediglich drei Kilometer, ist aber genauso reizvoll wie die längeren Premium-Wanderwege – und das Ganze in einer wunderschönen Umgebung! Natürlich sind diese Wege wieder perfekt ausgeschildert und ihr könnt euch gar nicht verlaufen.

Besondere Tier- und Pflanzenwelt

Die Tier- und Pflanzenwelt entlang des Weges ist ebenso abwechslungsreich wie die Sehenswürdigkeiten. Im Tüschenbroicher Weiher könnt ihr Graureiher beobachten, und wer einen Blick in die Lüfte wirft, kann vielleicht einen eleganten Turmfalken oder sogar einen Eisvogel erspähen. Am Boden sind Kammmolche und Grasfrösche unterwegs und das Beste: Wenn ihr am Abend unterwegs seid, könnt ihr sogar das Glück haben, Fledermäuse vorbeiflattern zu sehen, die sich in der Dämmerung auf ihre nächtliche Jagd begeben.

Perfekte Wegbeschaffenheit

Die Wegbeschaffenheit der Tüschenbroicher Runde ist ideal für einen entspannten Spaziergang, wenn es nicht vorher geregnet hat, dann droht Matschgefahr. Generell sind 95 % des Weges gut begehbar und eignen sich auch für ungeübte Wanderer. Mit nur 15 Höhenmetern ist die Strecke leicht und für jedermann zugänglich. Die Mischung aus Pfaden, Holzstegen und gut befestigten Wegen macht den Spaziergang auch für Familien und ältere Menschen sehr attraktiv.

Start: Schloss Tüschenbroich

Als wir am Schloss Tüschenbroich ankommen, erwartet uns erstmal ein großzügiger Parkplatz, der allerdings kostenpflichtig ist. Aber da der Spazierweg in knapp einer Stunde absolviert ist, reicht es einen Euro für eine Stunde in den Automaten zu schmeißen.

Dann geht es auch schon los und wir genießen nach einer großen Hinweistafel über die Tüschenbroicher Runde auf den ersten paar Metern das Schloss Tüschenbroich zu unserer Linken. Die malerische Anlage liegt idyllisch inmitten einer wasserreichen Umgebung, umgeben von Wäldern und Grünflächen, was ihr eine besondere, romantische Atmosphäre verleiht. Die Ursprünge des Schlosses gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück, wobei der heute sichtbare Bau in verschiedenen Etappen über Jahrhunderte hinweg errichtet und umgestaltet wurde.

Seine Geschichte

Erste urkundliche Erwähnungen der Burg stammen aus dem 13. Jahrhundert, als sie im Besitz der Herren von Tüschenbroich war. Der Name „Tüschenbroich“ leitet sich wahrscheinlich von „Zwischen den Bruchwäldern“ ab, was auf die sumpfige, feuchte Umgebung hindeutet.

Im Laufe der Jahrhunderte wechselte die Burg häufig den Besitzer. Eine bedeutende Bauphase fand im 16. Jahrhundert statt, als die Anlage erweitert und modernisiert wurde. Im 19. Jahrhundert verlor Schloss Tüschenbroich seine militärische Bedeutung und diente fortan als repräsentativer Landsitz. Die heutige Gestalt der Anlage ist das Ergebnis von Umbauten und Restaurierungen, die den ursprünglichen Charakter des Schlosses weitgehend bewahrt haben.

Seine Architektur

Die Anlage besteht aus zwei wesentlichen Teilen: dem Haupthaus und der benachbarten Mühle. Das Haupthaus, das auf einer Insel inmitten eines Teichs liegt, zeichnet sich durch seinen burgartigen Charakter und seine markante, turmartige Silhouette aus. Typisch für eine Wasserburg sind die hohen Mauern und die Wassergräben, die das Gebäude umgeben. Die ältesten erhaltenen Teile stammen aus dem 16. Jahrhundert, während spätere Erweiterungen und Renovierungen architektonische Elemente aus verschiedenen Epochen vereinen.

Heute…

… befindet sich Schloss Tüschenbroich in Privatbesitz und ist nicht öffentlich zugänglich. Dennoch ist die Anlage ein beliebtes Ziel für Spaziergänger und Naturliebhaber, die die malerische Umgebung genießen. Besonders die beiden großen Teiche und das angrenzende Waldgebiet bieten eine ideale Kulisse für Wanderungen und Erholung im Grünen.

Schloss Tüschenbroich ist ein beeindruckendes Beispiel für die Wasserburgenarchitektur des Niederrheins. Mit seiner reichen Geschichte, der gut erhaltenen Bausubstanz und der wunderschönen Naturumgebung ist es ein wertvolles Kulturerbe, das zum Verweilen und Entdecken einlädt. Obwohl es nicht von innen besichtigt werden kann, lohnt sich ein Besuch allein wegen der idyllischen Lage und der historischen Atmosphäre, die das Schloss und seine Umgebung ausstrahlen.

Angeln möglich

Dann wollen wir den Spazierweg mal weiter entdecken und ich bin gespannt, was wir noch alles sehen werden. Immer noch liegt das Schloss Tüschenbroich zu unserer Linken. Rechts sehen wir zwei große Weiher, die von jeder Menge Angler genutzt wird.

Vor allem der größere Tüschenbroicher Weiher bietet gute Angelmöglichkeiten, da er gut mit verschiedenen Fischarten besetzt ist. Typische Fischarten, die dort gefangen werden können, sind unter anderem Karpfen, Hechte und Zander. Allerdings ist das Angeln dort in der Regel nur mit entsprechender Genehmigung oder einem Angelschein möglich.

Die Ölmühle

Ein paar Meter weiter kreuzen ein paar Enten unseren Weg und bevor wir in den Wald gehen, sehen wir ebenfalls auf der linken Seite die Ölmühle. Sie steht am Ufer des Tüschenbroicher Weihers und ist, wie das Schloss selbst, von einer malerischen Landschaft mit Teichen und Wäldern umgeben. Die Ölmühle hat eine lange Geschichte und zeugt von der Bedeutung, die die Wasserkraft für die wirtschaftliche Entwicklung der Region hatte.

Ihre Geschichte

Ihr Ursprung reicht bis in das 14. / 15. Jahrhundert zurück und diente ursprünglich dazu, Öl aus verschiedenen pflanzlichen Rohstoffen wie Raps, Leinsamen und Bucheckern zu gewinnen. Die Wasserkraft des nahegelegenen Weihers trieb das Mühlrad an und ermöglichte den Betrieb der Mühle. Diese Art von Wassermühlen spielte in der damaligen Zeit eine zentrale Rolle für die lokale Wirtschaft, da sie es den Menschen erlaubte, in großem Umfang pflanzliche Öle zu produzieren, die als Nahrungsmittel, Brennstoff und Schmiermittel verwendet wurden.

Die Ölmühle von Tüschenbroich ist besonders aufgrund ihrer langen Betriebszeit bemerkenswert. Über Jahrhunderte hinweg war sie ein wichtiger Produktionsbetrieb und diente der Versorgung der umliegenden Gemeinden. Sie repräsentiert ein Stück der regionalen Handwerksgeschichte und gibt einen Einblick in die historischen Produktionsmethoden.

Ihre Architektur

Die Mühle selbst ist ein typisches Beispiel für die Bauweise historischer Wassermühlen. Sie wurde in massiver Bauweise errichtet und besaß ein großes Wasserrad, das von den Teichen und den Wasserläufen rund um das Schloss gespeist wurde. Auch wenn die technische Ausstattung im Laufe der Zeit mehrfach modernisiert wurde, bewahrt die Mühle dennoch viel von ihrem ursprünglichen Charakter. Die Kombination von Steinmauern, Holzstrukturen und den umliegenden Wasseranlagen macht die Mühle zu einem charmanten, rustikalen Bauwerk, das in die Landschaft eingebettet ist.

Heute…

… befindet sich in der Mühle ein liebevoll restauriertes Atelier und ist ein faszinierendes Relikt der regionalen Geschichte und ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung der Wasserkraft im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Zusammen mit dem Schloss Tüschenbroich und den idyllischen Teichen bildet die Ölmühle ein charmantes Ensemble, das Geschichte, Natur und Kultur vereint.

Ein Märchenwald voller Geschichten

Für uns geht es jetzt weiter geradeaus in den Wald. Dass wir hier richtig sind, verrät wieder eines der kleinen Schilder mit dem Schriftzug „Tüschenbroicher Runde“. Nach ein paar Meter steht eine erste Bank mit der Möglichkeit einer kleinen Rast bereit, die wir allerdings ignorieren.

Ich genieße stattdessen den historischen Bruchwald. Er scheint fast aus einem Märchenbuch entsprungen zu sein. Durchzogen von der Schwalm und umgeben von weiten Feldern und Wiesen bietet die Route eine perfekte Mischung aus Natur und Kultur. Besonders beeindruckend sind die Holzstege, die euch über kleine Wasserläufe führen und mitten durch die Natur bringen, aber dazu später mehr.

Die Ulrichskapelle

Zwischen den Bäumen erspähe ich auf der linken Seite die Ulrichskapelle. Das verborgene Kleinod im Wald fasziniert nicht nur mit seiner beschaulichen Lage, sondern auch mit seiner jahrhundertealten Geschichte und den verwurzelten Sagen. Ihre Entstehung wird auf rund 350 Jahre zurückdatiert, und um das Gebäude ranken sich zahlreiche Geschichten, die tief in der lokalen Folklore verwurzelt sind.

Ihre Sage

Eine düsterere Legende, die sich um die Kapelle rankt, handelt von einer Familientragödie. Diese Erzählung spricht von einem jungen Grafensohn namens Ulrich, der wegen seiner maßlosen Lebensweise von seinem Vater verstoßen wurde. Jahre später kehrte er unerkannt als Anführer einer brutalen Räuberbande in seine Heimat zurück und verbreitete Angst und Schrecken. Um die Räuberbanden zu stoppen, ließ der alte Graf einen sogenannten Messerturm am Schloss Tüschenbroich errichten, von dem gefangene Räuber grausam in den Tod gestoßen wurden.

Eines Tages wurde der Räuberhauptmann gefangen genommen und zum Messerturm gebracht. Trotz seiner verzweifelten Beteuerungen, er sei der verlorene Sohn des Grafen, stießen ihn die Knechte des Vaters in den tödlichen Abgrund. Erst als sie dem Sterbenden eine goldene Kette abnahmen und diese später dem Grafen zeigten, erkannte dieser mit Schrecken, dass er seinen eigenen Sohn getötet hatte. Um diese Tat zu sühnen, ließ der Graf noch am nächsten Tag den Messerturm abreißen und aus dessen Steinen eine Kapelle im Wald errichten, die er zu Ehren seines Sohnes Ulrich benannte.

Heute…

… wird die Ulrichskapelle, die sich ebenfalls im Privatbesitz befindet, nicht mehr als reine Gebetsstätte genutzt. Dennoch steht sie als besonderer Ort für Familienfeiern und festliche Anlässe zur Verfügung. Hochzeiten, Taufen oder private Feierlichkeiten können in der idyllischen Umgebung dieser historischen Kapelle ausgerichtet werden, die trotz ihres schaurigen Hintergrundes eine friedliche und besinnliche Atmosphäre ausstrahlt.

Charmanter Herbst

Wir lassen die Ulrichskapelle ebenso links liegen wie die Ölmühle und das Schloss Tüschenbroich und gehen weiter in den Wald hinein. Der Weg ist relativ breit und wir folgen diesem am Ende nach links. Geradeaus würde es hier zum Knotenpunkt 70 gehen. Der Wald ist jetzt dichter, die Bäume entsprechend höher und auf dem Boden jede Menge Laub. Jetzt im Herbst hat dieser Spazierweg einen ganz besonderen Charme und kann ihn jetzt nur empfehlen.

Rechts sehe ich zwischen den Bäumen die Schwalm. Dieser komme ich immer näher und an einer Gabelung, der ich rechts folge, überquere ich die Schwalm sogar über eine kleine Holzbrücke.

Feld- trifft Waldblick

Nach einem kleinen Anstieg eröffnet sich jetzt rechts der Blick auf ein weites Feld, links schaue ich weiter in den dichten Wald. Der Weg an sich ist ab hier etwas schmäler, aber auch hier ist eine Bank, die dazu einlädt, sich niederzulassen und den Ausblick zu genießen.

An der nächsten Gabelung halten wir uns links und bekommen direkt die Bestätigung via Hinweisschild am Baum, dass wir immer noch richtig sind. Rechts blicken wir wieder auf ein Feld und links wieder in den Wald.

Am Ende führt uns die „Tüschenbroicher Runde“ nach links, vorbei an einem Hochsitz. Der Weg ist hier wieder etwas breiter und nach ein paar Metern gibt eine Hecke rechts wieder den Blick auf ein Feld frei.

Der Schanzenhof

Dann entdecken wir einen alten Hof – den Schanzenhof. 1782 errichtet, war er eine beeindruckende, aus Backstein und Fachwerk errichtete vierflügelige Hofanlage. Im Nordflügel befanden sich die Pferdeställe, der Westflügel beherbergte das Wohnhaus, während dahinter der Schweinestall angesiedelt war. Der Ostflügel war der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet, mit einer Scheune sowie einem offenen Wagen- und Geräteschuppen. Der Kuhstall war im Südflügel untergebracht, wo sich auch das Hoftor befand. Zeitweise betrieb der Hof eine Kaltblutpferdezucht sowie eine Schweinezucht, was auf die wirtschaftliche Bedeutung des Anwesens hinweist.

Von der ursprünglich stattlichen Anlage ist heute lediglich der Nordflügel erhalten geblieben. Leider ist der Schanzenhof seit einem verheerenden Brand stark beschädigt und verfällt zunehmend, da keine Wiederaufbaumaßnahmen ergriffen wurden. Was einst ein florierendes landwirtschaftliches Anwesen war, ist heute nur noch eine Ruine, die von vergangenen Zeiten erzählt.

So langsam neigt sich der Spazierweg dem Ende zu und ich sehe das Schloss Tüschenbroich wieder. An der alten Kornmühle geht es links ein paar Stufen runter, über eine kleine Brücke, und wir stehen wieder auf dem Parkplatz.

Mein Fazit: Entspannung, Natur und Kultur in Perfektion

Der Premium-Spazierwanderweg Tüschenbroicher Runde ist ein wahres Kleinod im südlichen Teil des Naturparks Schwalm-Nette. Hier könnt ihr für eine Weile dem Alltag entfliehen und euch von der Schönheit der Natur und den historischen Sehenswürdigkeiten in den Bann ziehen lassen.