Abenteuer Erlebnisraum Westzipfel – Erlebbare Grenze im Selfkant
Bereit den westlichsten Punkt Deutschlands zu entdecken? Dieser befindet sich im Selfkant im Heinsberger Land am südlichen Niederrhein und bietet mit dem Erlebnisraum Westzipfel einen charmanten Anlaufpunkt, um mehr über die Grenzgeschichte zu erfahren. Am Ende eines über 200 Meter langen Stegs könnt ihr in den Niederlanden sitzen und habt die Füße noch in Deutschland. Aber das ist noch nicht alles, was ihr zum Thema Grenze im Selfkant erleben könnt. In der direkten Umgebung könnt ihr eine Dreiländer-Fahrradtour absolvieren und das kürzlich eröffnete Museum „Haus der Westgrenze“ besuchen.
In der idyllischen Gemeinde Selfkant bin ich heute das erste Mal und freue mich sehr auf den Ausflug und darauf, mehr über den Ort und das Thema Grenze zu erfahren. Dieses kleine Fleckchen Erde hat nämlich nicht nur geografisch, sondern auch historisch und kulturell eine einzigartige Bedeutung.
Westlichster Ort Deutschlands
Selfkant, der westlichste Ort Deutschlands, befindet sich in direkter Nachbarschaft zu den niederländischen Provinzen Limburg und Noord-Brabant. Diese Grenznähe hat das Leben der Menschen hier seit Jahrhunderten geprägt. Grenzübertritte waren in der Vergangenheit alltäglich, sei es für den Handel, den Arbeitsweg oder den Besuch bei Verwandten und Freunden auf der anderen Seite.
Heute spiegelt sich diese enge Beziehung in der Zweisprachigkeit vieler Einwohner wider. Deutsch und Niederländisch werden oft fließend gesprochen, und es ist nicht ungewöhnlich, dass ortsansässige Geschäfte und Restaurants beide Sprachen in ihrer Kommunikation verwenden. Diese bilinguale Kultur bereichert den Alltag und macht Selfkant zu einem Ort, an dem zwei Nationen harmonisch zusammenleben.
27 Kilometer Gemeindegrenze
Der Selfkant ist übrigens mit seiner einzigartigen Lage und Form ein besonderes Gebiet in Deutschland. Mit 27 Kilometern Gemeindegrenze zu den Niederlanden und nur sechs Kilometern Gemeindegrenze zu Deutschland bilden diese Grenzen historische Linien. Diese sind mit den Gemeinden Gangelt und Waldfeucht verbunden und ergeben in ihrer Silhouette die Form einer liegenden Katze
Die Geschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Selfkant ein Gebiet besonderer politischer Bedeutung. Von 1949 bis 1963 stand es unter niederländischer Verwaltung, bevor es wieder Teil Deutschlands wurde. Diese Zeit hat Spuren hinterlassen und das Bewusstsein für die eigene Geschichte und Identität geschärft.
Heute erinnern verschiedene Denkmäler und Gedenkstätten an diese besondere Zeit. Sie sind nicht nur touristische Attraktionen, sondern auch wichtige Orte des Gedenkens und der Reflexion über die wechselvolle Geschichte Europas.
Erlebnisraum Westzipfel
Ein besonderer Ort ist der im Juni 2015 entstandene Erlebnisraum Westzipfel, den ich heute als erstes besuche. Die Ankunft ist mehr als komfortabel. Egal, ob ihr mit dem Auto oder mit dem Rad anreist, es gibt hier für beide Gefährte genügend Stellfläche.
Kaum nähert man sich dem Erlebnisraum, wird man von dem ersten Infoschild mit der Überschrift „Westlicher geht’s nicht!“ begrüßt und erhält erste Informationen. Unter anderem wird der Besucher eingeladen, entlang des Stegs am Rodenbach zu wandeln, um den westlichsten Punkt Deutschlands zu erreichen.
Erste Infos vor Ort
Das erste Hinweisschild verrät auch, was es hier sonst noch zu entdecken gibt, nämlich jede Menge Rastmöglichkeiten, Wissenswertes zur Geschichte und eine kleine Brücke, die in einen Waldweg führt, der an das niederländische Knotensystem anschließt.
Umseitig befindet sich eine Orientierungskarte für Radfahrer, die praktische Tipps im beschilderten Knotenpunktsystem liefert. Sehr treffend finde ich hier den ersten Satz, damit die Radfahrer wissen, worauf sie sich freuen dürfen: „Radfahren im Westzipfel heißt entspanntes Radeln übers Land, die Weite und den Himmel genießen. Idyllische Bachtäler, Wiesen und Auen bilden grüne Adern…“.
Bei einer Radtour, die über das Knotenpunktsystem geführt wird, kann man in nur acht Kilometern von Deutschland über die Niederlande in das belgische Städtchen Maaseik radeln. Innerhalb kürzester Zeit durch drei Länder fahren – wo sonst ist das möglich?
Komfort trifft Geschichte
Gleich hinter dem Schild gibt es einen großen Unterstand, der um die Ecke sogar ein WC bereithält. Ausreichend Sitzmöglichkeiten komplettieren den Bereich. Hier werde ich auch sofort von der faszinierenden Geschichte des Westzipfels in den Bann gezogen. Es sind Zeittafeln angebracht, die wichtige Ereignisse vermitteln. Es ist spannend zu erfahren, dass dieser westlichste Punkt Deutschlands einmal abgeschnitten war und dass ein Esel 1963 der erste Grenzgänger nach der Rückgliederung war.
In diese und viele weitere spannende Geschichten könnt ihr an allen Entdeckerelementen und Infotafeln eintauchen. Besonders beeindruckend fand ich, wie anschaulich und lebendig die wechselhafte Geschichte der Region dargestellt wird.
Mein persönliches Highlight
Der Bohlensteg zum westlichsten Punkt mit seiner gemütlichen Sitznische im „Westzipfel“ ist mein persönliches Highlight. Der westlichste Punkt Deutschlands liegt mitten in dem Flüsschen Rodebach. Der rund 200 Meter lange Steg führt mich dorthin, wo der tatsächlich westlichste Punkt der Bundesrepublik markiert ist. Ich sitze in den Niederlanden und habe die Füße in Deutschland. Eine Infotafel und ein interaktives Entdeckerelement bieten hier spannende Informationen zur Grenzgeschichte, die diesen Ort so einzigartig machen.
Entspannen & Genießen
Nach so vielen neuen Eindrücken darf eine ausgiebige Pause natürlich nicht fehlen. Zum Glück gibt es im Erlebnisraum Westzipfel zahlreiche gemütliche Sitzmöglichkeiten. Die Sitzstufen am Bach laden dazu ein, die Füße ins kühle Nass zu strecken und die Seele baumeln zu lassen. Alle Sitzmöglichkeiten sind perfekt, um ein Picknick zu genießen oder einfach nur in der Sonne zu entspannen.
Ich komme auch kurz ins Gespräch mit zwei älteren Damen, die mit dem Fahrrad hier sind und gerade eine Rast machen. Sie kommen regelmäßig hier her und genießen die Ruhe und die besondere Atmosphäre am westlichen Zipfel Deutschlands.
Übrigens, der nördlichste Zipfel Deutschlands befindet sich in List auf Sylt, wo ich auch schon war. Fehlen mir nur noch der südlichste Punkt Oberstdorf und der östlichste Punkt Görlitz. Was alle gemeinsam haben? Sie sind Mitglied im Zipfelbund, so auch der Selfkant.
Selfkant ist Zipfelort
Es gibt also logischerweise vier Zipfelorte, deren Bund anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit 1999 gegründet wurde. Besiegelt wurde der Zipfelbund mit dem Zipfelpakt und dieser steht seitdem nicht nur für die geografische Vielfalt Deutschlands, sondern auch für soziales Engagement.
Es gibt sogar einen Zipfelpass, mit dem ihr an jedem Zipfelort Stempel sammelt und am Ende mit einer zipfeltypischen Überraschung belohnt werdet. Wie das Ganze funktioniert? Ihr müsst mindestens eine Übernachtung in jedem Zipfelort nachweisen. Den Stempel erhaltet ihr in der jeweiligen Tourist-Information.
Tipp in der Nähe: Haus der Westgrenze
Am Ende des Blogbeitrages habe ich aber noch einen besonderen Tipp für euch und zwar das Haus der Westgrenze in Selfkant-Millen. Das Museum, das erst Ende Juni offiziell eröffnet wurde, befindet sich in der Alten Propstei und ist nur wenige hundert Meter von der niederländischen Grenze entfernt. Diesen Ort habe ich natürlich auch kurz besucht, um mir das historische Gebäude zumindest von außen anzuschauen.
Was steckt hinter dieser Neueröffnung? Das Haus der Westgrenze entführt Besucher in eine Welt, in der Grenzen eine zentrale Rolle spielen – und das seit Jahrhunderten. Es erzählt die bewegte Geschichte dieses Grenzlandes. Besonders im Fokus steht die außergewöhnliche Geschichte des Selfkants nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Region kurzzeitig an die Niederlande abgetreten und später zurückgegeben wurde. Hier, wo die Alte Propstei, die Kirche St. Nikolaus und die Zehntscheune stehen, haben sich im Laufe der Jahrhunderte Grenzen verschoben und Herrschaften gewechselt.
Die Ausstellung präsentiert Urkunden, Scherben und Siegel, die von diesen historischen Veränderungen zeugen. Einer der Exponate ist ein schwarzer Pelzmantel mit aufgetrenntem Saum, in dem einst Kaffee und Tabak über die Grenze geschmuggelt wurden. Daneben steht eine niederländische Flagge, die am 23. April 1949 in Tüddern gehisst wurde, um die niederländische Verwaltung zu symbolisieren. Es gibt sogar einen halben VW-Käfer, lackiert in Sahara-Beige.
Betrieben wird das Museum von der Heimatvereinigung Selfkant, die in diesem Jahr auch ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Die genauen Öffnungszeiten stehen noch nicht fest, Interessierte können sich jedoch vorerst an die Gemeinde Selfkant wenden.
Ortsrundgang empfohlen
Es lohnt sich auch einen kleinen Ortsrundgang zu machen. Das historische Ensemble Millen mit der Propstei, der Zehntscheune und der über 1000 Jahre alten Kirche nimmt euch mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Ein Rundgang durch den Ort, ausgestattet mit 15 Informationstafeln, erzählt von historischen Ereignissen, Überlieferungen der Millener Bürger, nicht mehr existierenden Gebäuden sowie kuriosen und legendären Geschichten, die bewahrt werden sollen.
Mein Fazit
Selfkant ist mehr als nur ein Ort an der Grenze. Es ist ein Symbol für das friedliche Zusammenleben zweier Nationen und ein lebendiges Zeugnis der europäischen Geschichte. Die enge Verbindung zu den Niederlanden prägt das tägliche Leben und macht den Selfkant zu einem faszinierenden Beispiel für die vielfältigen Facetten eines Grenzgebietes. Ein Besuch lohnt sich definitiv, um diese einzigartige Atmosphäre selbst zu erleben und die Schönheit dieses besonderen Ortes zu entdecken.