30 Jahre Streuobstwiesen-Liebe – Zu Besuch bei der Privatkelterei van Nahmen in Hamminkeln
Alle guten Dinge sind 3! Ich bin nicht nur zum dritten Mal bei der Privatkelterei van Nahmen in Hamminkeln zu Besuch, sondern heute stimmen auch drei Dinge: das Wetter, der Ort und die Gesellschaft. Denn Geschäftsführer Dr. Peter van Nahmen begleitet mich heute wieder: vom stilvollen Hofladen geht es in den artenreichen Lehrgarten und zu einer nahegelegenen Streuobstwiese. Warum ihr euch den 31. August und 1. September unbedingt merken sollte? Einfach weiterlesen…
In meinem ersten Blogbeitrag über die Privatkelterei habe ich geschrieben, dass es eine Reihe von Begriffen und Werten gibt, die bei dem Familienunternehmen eine ganz besondere Rolle spielen – Heimatverbundenheit, Nachhaltigkeit, Innovation, Qualität, Tradition, Genuss und Herzlichkeit – und diese fließen in diesem Jahr in ein ganz besonderes Event: das Streuobstwiesenfest bzw. 30 Jahre Aufpreisprojekt. Und genau um das Thema dreht sich heute mein Besuch bei der Privatkelterei van Nahmen.
Stilvoller Hofladen
Bevor wir uns aber die ersten Obstbäume anschauen, treffe ich mich mit Peter im stilvollen Hofladen – für mich einer der Schönsten, den ich kenne. Schon beim Betreten des liebevoll eingerichteten Hofladens spürt man die lange Tradition und die Leidenschaft, die hinter jedem Produkt steckt.
Die Regale sind gefüllt mit einer beeindruckenden Auswahl an Säften, Frucht-Seccos & Co., die aus heimischem Obst hergestellt werden. Die Idee, einen sortenreinen Obstsaft auf den Markt zu bringen, kam damals von Peter. Mittlerweile hat er Saft als Genussmittel etabliert.
Über 30 Säfte im Gourmetsortiment
„Heute haben wir über 30 Säfte im Gourmetsortiment, die national vertrieben werden und dann gibt es noch unser Mehrwegsortiment für den regionalen Markt. Insgesamt fasst das Sortiment allein zehn verschiedene Apfelsäfte“, erklärt mir Peter. „Und der erste sortenreine Apfelsaft war damals die rote Sternrenette.“ Wie schön, dass alte, teilweise in Vergessenheit geratene Apfelsorten auf eine so schmackhafte Art und Weise wieder zum Leben erweckt werden.
Veranstaltungen in der Hofküche
„Zusätzlich haben wir im Hofladen regionale Produkte von Menschen, die wir persönlich kennen, wie etwa die Karamell-Creme von der MEIEREI aus Norderney, aber auch deine Granola-Edition von der Manufaktur Barni & Wilma“, führt mich Peter weiter rum. „Über uns ist unsere schöne Hofküche, dort finden verschiedene Events statt. Ich freue mich besonders auf die Lesung von Thomas Hesse, der Auszüge von seinem neuesten Niederrheinkrimi zum Besten gibt. Und im Winter findet wieder ein Chefs Table mit dem beliebten Radiokoch Helmut Gote statt.“ Kleiner Tipp von mir an der Stelle: Schaut regelmäßig auf der Webseite in die Veranstaltungen.
Jubiläums-Apfelsaft von Streuobstwiesen
Über einen Saft in der Mehrwegflasche möchte ich aber mehr erfahren, der mir schon beim Reinkommen direkt ins Auge gefallen und, passend zum Thema heute, ein Apfelsaft von Streuobstwiesen ist.
„Ausschließlich spät geerntete Äpfel von bis zu 80 Jahre alten Bäumen haben wir hier verwendet“, ergänzt Peter. „Nur so bekommt unser Apfelsaft seinen intensiven Geschmack aus dezenter Süße und saftig-frischer Säure.“ Auf der Rückseite der Flasche ist ebenfalls kurz und knapp erklärt, was es mit dem anfänglich erwähnten Streuobstwiesenprojekt auf sich hat, das ja in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert.
Denn seit 1994 setzt sich van Nahmen für die Erhaltung von Obstwiesen ein. „Um diese zu schützen, erhalten unsere Streuobstwiesenpartner einen höheren Preis für ihre Ernte, sodass sich die Kultivierung für sie lohnt. Mit dem Kauf einer Flasche Apfelsaft von Streuobstwiesen tragen unsere KundInnen aktiv zum Schutz unserer heimischen Umwelt bei“ erklärt Peter. „Komm wir gehen in unseren Lehrgarten nach draußen und dann erkläre ich dir, mehr über unser tolles Projekt und was wir noch vorhaben.“
Der Obst-Lehrgarten „Streuobstwiese“
Gesagt, getan und wir verlassen den Hofladen und gehen nur ein paar Meter weiter und erreichen den 2018 entstandenen Obst-Lehrgarten „Streuobstwiese“ mit jeder Menge Obstbäumen, Sitzmöglichkeiten und Informationsschildern.
Wir gehen direkt auf eine kleine Erkundungstour und Peter zeigt mir alles. „Wir haben hier etwa 25 verschiedene, teils seltene Kulturobstsorten wie Äpfel, Birnen und Pflaumen angepflanzt. Unser Ziel ist es, die Streuobstwiese als erlebbaren Raum zu gestalten, um die Bedeutung dieser besonderen Biosphäre und die herausragende Lebensqualität für uns Menschen greifbar zu machen“, erläutert Peter das Konzept.
Erlebnisraum mit Lerneffekt
So hat auch jede Sorte ihr eigenes kleines Informationsschild, das mehr über die Eigenschaften und Besonderheiten verrät. Ein Schild schaue ich mir kurz genauer an und erfahre, dass der anspruchslose und frostharte Rheinische Bohnapfel vor 1800 im Rheinland entstanden ist. Sein Erntezeitpunkt ist ca. Oktober, die Genussreife Februar bis Juni und der Geschmack zunächst säuerlich herb, aber mit zunehmender Lagerung mildert sich die Säure.
Auch die beiden großen Informationstafeln sind sehr lehrreich. Eines thematisiert die Kulturlandschaft Streuobstwiese: sie liefert frisches, naturbelassenes Obst aus der Region, bedeutet Nachhaltigkeit, ist Biotop für Pflanzen und Tiere, sichert den Fortbestand alter Kulturobstsorten und ist landschaftsprägend. „Je älter eine Streuobstwiese desto höher ist ihr ökologischer Wert“, fügt Peter hinzu.
5.000 Arten aus Flora & Fauna
Auf der anderen Seite steht ein Schild, das mehr zur Lebensgemeinschaft Streuobstwiese zeigt, also welche Pflanzen und Tiere auf der Streuobstwiese leben. Das ist neben dem Steinkauz etwa die Feldmaus und der Igel. Über 5.000 verschiedene Arten aus Flora und Fauna leben auf einer Streuobstwiese.
Ihr wollt den Lehrgarten auch einmal besuchen? Das könnt ihr vom 1. April bis 31. Oktober von Montag bis Samstag von 9 bis 18 Uhr und Sonntag von 10 bis 18 Uhr tun. Der Eintritt ist kostenlos.
Idealer Pausenort
Jetzt steuern wir im Lehrgarten direkt auf einen schönen, großen Holztisch mit Stühlen zu, nehmen Platz und haben den perfekten Blick in den Lehrgarten – der ideale Ort für ein Picknick oder eine kurze Pause bei einer Radtour. Es gibt sogar eine Radtour, die hier vorbeiführt und die die Privatkelterei zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) entwickelt hat. Passend dazu gibt es auf dem Firmengelände kostenlose E-Bike-Ladestationen unter dem Motto 'Saft für Ihr Rad'.
„Der Ort hier ist nicht nur für Radfahrer ideal, er wird tatsächlich gerne auch für Veranstaltungen genutzt. Neben der Kirche hat der Hamminkelner Verkehrsverein hier unter dem Motto `Tischlein deck dich‘ schon mit 300 Mitgliedern gefrühstückt“, blickt Peter zurück.
Save the date: 31.8 bis 1.9
In diesem Jahr ist der der Lehrgarten auch einer der Schauplätze, wie anfangs erwähnt, für ein ganz besonders Jubiläum – das Streuobstwiesenfest bzw. 30 Jahre Aufpreisprojekt, was am 31. August und 1. September 2024 stattfindet. Dieses besondere Ereignis wird von einem bunten Programm begleitet, das Jung und Alt gleichermaßen begeistert.
„Hier am Lehrgarten wird eine kleine Bühne aufgebaut, auf der spannende Talkrunden stattfinden. Stefanie Hain von Radio K.W. moderiert die Veranstaltung und führt durch unser Programm. Es wird ein Gespräch mit einer Pomologin geben, die über alte Obstsorten spricht und Einblicke in die Pomologie gibt, die Lehre der Arten und Sorten von Obst sowie deren Bestimmung und systematische Einteilung. Auch mein Vater wird mehr über die Anfänge des Aufpreisprojektes berichten“, skizziert Peter.
Ein weiterer Höhepunkt ist der Beitrag eines Gastronomen vom Wasserschloss Anholt. Er wird über Foodpairing referieren und erklären, wie verschiedene Säfte und andere Getränke optimal mit verschiedenen Speisen kombiniert werden können, um ein harmonisches Geschmackserlebnis zu schaffen.
Von der Betriebsführung…
Aber mit spannenden Gesprächen sind die Feierlichkeiten noch lange nicht zu Ende. Es gibt auch Spannendes rund um die Privatkelterei: Neben einer Betriebsführung erwartet die BesucherInnen eine Obstsorten-Schau und es wird gezeigt, wie ein Obstbaum geschnitten wird. Natürlich darf auch Obstsaft verköstigt werden.
… bis zum regionalen Genuss
Abgerundet wird das Ganze mit weiteren kulinarischen Highlights. „Ich freue mich besonders auf die Landfrauen, die unsere BesucherInnen mit frisch gebackenen Waffeln verwöhnen, aber es gibt auch Herzhaftes von Catering Wachtmeister, Eis vom Eicafé Leone und vieles mehr“, schwärmt Peter.
Auch befreundete Unternehmen und Vereine sind mit einem Stand vertreten. Mit dabei: der NABU, der Naturpark Hohe Mark, die Imkerei Walgenbach, die Baumschule Giesebrecht, die Korbmacherin Margret Schiffer und die Kräutergärtnerei Schenkendorf und weitere. „Besonders stolz bin ich auf die Teilnahme von Manufactum, die selten bei einem Event zusagen. Aber Manufactum war 2007 der erste Kunde, der die rote Sternrenette in sein Sortiment aufnahm und verkauft“, ergänzt Peter.
Jede Menge für die Kleinen
Natürlich kommen auch Kinder beim Streuobstwiesenfest voll auf ihre Kosten. Es gibt zahlreiche Aktionen, darunter das Bemalen von Etiketten, die dann auf Flaschen geklebt werden können, Apfelsaft wird gepresst und als i-Tüpfelchen bekommen die Kleinen Fruchtsaft-Eis aus van Nahmen-Säften. Eine Strohrutschburg, die eigens für das Fest angefertigt wurde, und Schafe sorgen für zusätzlichen Spaß und ländliches Flair.
Kurz: Das Streuobstwiesenfest ist eine wunderbare Gelegenheit, Tradition zu feiern, Neues zu entdecken und gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen.
Besuch aus Dänemark
„Wenn ihr mögt, können wir eben zu einer großen Streuobstwiese von uns fahren, die unter dem Motto „100 Jahre, 100 Bäume“ entstanden ist und 100 verschiedene Apfelsorten und weitere Obstsorten bereithält“, lädt uns Peter auf die nächste Entdeckungstour ein.
Gerade als wir ins Auto einsteigen wollen, parkt neben uns ein Wagen mit einem Pärchen aus Dänemark. Peter spricht kurz mit ihnen, sie verstehen und sprechen sehr gut Deutsch, und es stellt sich heraus, dass sie den Niederrhein und unbedingt auch die Privatkelterei besuchen wollten. Kurzerhand lädt Peter die beiden ein, uns zu folgen, damit auch sie sich die große Streuobstwiese anschauen können.
Höhere Erntepreise für regionale Bauern
Auch ich bin gespannt, was mich erwartet und auf der kurzen Fahrt erklärt mir Peter mehr über das Aufpreisprojekt, die Verbundenheit zu Streuobstwiesen und wie es überhaupt dazu gekommen ist.
„Das Aufpreisprojekt hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft. Die Idee dahinter ist, nur so viel zu entnehmen, wie man nachpflanzt, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten“, fängt Peter an. „Das Projekt startete 1994, als Streuobstwiesen zunehmend der konventionellen Landwirtschaft wichen, insbesondere in den späten 60er- und 70er-Jahren. Dem wollten wir entgegenwirken und so hat mein Vater nicht nur eng mit dem Naturschutzbund NABU zusammengearbeitet, sondern auch angefangen mit den regionalen Landwirten Anbauverträge zu machen. Diese liefern ungespritztes Obst und erhalten dafür 50 % mehr als den üblichen Marktpreis. An Samstagen und Montagen werden die Obstlieferungen angenommen und die daraus entstehende Apfelsaftsorte „Streuobstwiese“, die separat gekeltert wird, wird zugunsten des Projekts zu einem höheren Preis verkauft.“
22.500 Obstbäume nachgepflanzt
Damals begann das Projekt mit 15 Partnern, heute sind es rund 350. Aber es geht noch weiter. Die entsprechenden Apfelbäume können die Partner bei der Privatkelterei einmal im Jahr beziehen – es gibt über 85 verschiedene Apfelsorten. Auf der Liste der gepflanzten Sorten stehen unter anderem der Kaiser Wilhelm und die Rote Sternrenette.
„Jährlich werden bei uns auf dem Hof 600 bis 1.000 Bäume an die Partner ausgegeben, insgesamt wurden in den letzten 30 Jahren etwa 22.500 hochstämmige Obstbäume nachgepflanzt. Ein Obstbaum benötigt etwa sechs bis acht Jahre bis zum ersten Ertrag und erreicht nach 25 Jahren seinen vollen Ertrag. Diese Bäume können bis zu 100 Jahre alt werden, sodass man auch für die kommenden Generationen pflanzt“, betont Peter weiter.
Man spürt mit jedem Wort und beinahe jeder Geste, dass Peter in seinem Element ist und das Thema Nachhaltigkeit intensiv praktiziert und lebt. Davon könnten sich einige Unternehmer eine dicke Scheibe abschneiden.
Besuch einer Streuobstwiese
Dann erreichen wir die Streuobstwiese, parken kurz davor, Peter öffnet den Zaun und wir fahren in ein regelrechtes Obstbaum-Paradies, das mittendrin eine 250 und eine 350 Jahre alte Kastanie beherbergt. Das Pärchen aus Dänemark ist auch noch hinter uns und startet ebenfalls einen kleinen Rundgang.
„Die Streuobstwiese haben wir 2018 gekauft und lassen die Natur weitestgehend gewähren“, erklärt mir Peter. An zwei Stellen stoppen wir kurz und halten an einem der älteren Apfelbäume und an einem Pflaumenbaum. „Letztes Wochenende habe ich hier noch Pflaumen gepflückt und ich wir haben daraus einen leckeren Kuchen gezaubert“, lächelt Peter.
Ein Baum = bis zu 400 kg Äpfel
Hier erfahre ich auch mehr darüber, wann das Obst wirklich reif ist. „Das Obst muss von allein fallen, dann ist der optimale Reifezeitpunkt erreicht. Ein gepflegter Baum kann bis zu 400 kg Äpfel tragen, aber die Bäume dürfen nicht zu dicht bewachsen sein, sonst werden die Äste zu schwer“, erklärt mir Peter. „Zweimal im Jahr veranstalten wir einen Obstbaumschneidekurs, um das Wissen über die richtige Pflege der Bäume zu teilen.“
Dann neigt sich mein Vormittag bei Privatkelterei schon dem Ende zu. Wenn ihr Wert auf Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit legt, sollte ihr unbedingt auch einen Ausflug nach Hamminkeln machen und den Lehrgarten sowie Hofladen der Privatkelterei van Nahmen besuchen. Und merkt euch schon mal den 31. August und 1. September – dann erlebt ihr die Privatkelterei hautnah.