Mystischer Niederrhein – Teil 2: Die Motte Aldeberg in Wegberg

16.05.2024

Anfang des Jahres durfte ich euch das erste Mal in den Welt des geheimnisvollen Niederrhein entführen und meine neue Reihe mit „Spuk in Nettetal“ starten. Heute geht es nach Wegberg zur Motte Aldeberg, eine mittelalterliche Burganlage, um die viele Geschichten und Sagen rund um Werwölfe, Zwerge und religiöse Kulte ranken. Natürlich gibt es auch wunderschöne Natur mit tiefschwarzen Weihern und alten Baumbeständen zu entdecken...

Farben
Container

Unser Ausgangspunkt für den knapp zwei Kilometer langen, gruseligen Spaziergang ist die Anton-Rayk-Straße in Wegberg. Mein Tipp: Parkt direkt an der Seite am Anfang der Straße oder schon kurz vorher. Wenige Meter von hier aus kommen wir auf der rechten Seite an ein paar Schafen vorbei, die uns scheinbar beobachten und uns lautstark begrüßen.

Wasser.Blick Nr. 22

Kurz darauf erreichen wir einen Weiher mit dem Pförtnerhäuschen der ehemaligen Villa von Anton Raky und einem der schon von anderen Wanderungen im Naturpark Maas-Schwalm-Nette bekannten Wasser.Blicke. Die große, im Boden eingelassene Metallplatte trägt die Nummer 22 und am Rand stehen erste Informationen zu diesem Ort: „Anton-Raky-Weiher – Erfindungsreicher Bohringenieur als Namensgeber für das Gewässer am Fuß der Motte Alde Berg“. Wenn ihr jetzt schon mehr erfahren wollt, bekommt ihr über den auf der Platte angegebenen QR-Code oder Telefonnummer mehr Informationen.

Bänke rund um den Weiher laden ein, die Aussicht zu genießen, aber wir haben ja eine Mission – die Motte Aldeberg. So laufen wir auf einem schmalen Damm direkt durch die beiden Weiher in Richtung Motte. Kleiner Tipp, falls es vor eurem Spaziergang länger geregnet hat: Zieht Gummistiefel oder knöchelhohe Schuhe an, der Weg zwischen den Weihern kann an der ein oder anderen Stelle im wahrsten Sinne des Wortes etwas verschwimmen.

Die Motte Aldeberg

Wir befinden uns übrigens im Naturschutzgebiet Helpensteiner Bachtal und über eine kleine Brücke geht es nur etwa 300 Meter weiter geradeaus, bis wir die Motte Aldeberg erreichen. Das Wort „Motte“ stammt übrigens aus dem französischen und bedeutet so viel wie „Klumpen“ und Aldeberg ist etmymologisch abgeleitet von Aldeborg, was so viel bedeutet wie: alte Burg. Besonders im 11. Jahrhundert war es üblich, auf einem Erdhügel einen Turm aus Holz zu bauen, in dem der Burgherr mit seiner Familie dann wohnte. Er bot vor allem im Flachland Schutz, war günstiger, aber trotzdem repräsentativ.

Als wir die Motte erreicht haben, finden wir ein großes Hinweisschild, dass mehr über eine der größten Motten des Rheinlandes verrät. Erbaut wurde der zwölf Meter hohe und 20 Meter im Durchmesser künstlich angelegte Erdhügel in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von dem Ritter von Orsbek, der dort bis vermutlich ins 14. Jahrhundert lebte.

Rechts neben dem Schild führt ein kleiner Waldweg zu einer Holztreppe, die hoch auf die Motte führt. Noch ein Tipp an dieser Stelle: Wenn viel Laub auf den teils hohen Stufen liegt, haltet euch besser gut am Handlauf fest. Ich spreche eventuell aus Erfahrung. ;-)

Von Werwölfen und Zwergen

Oben angekommen, gibt es eine kleine Überraschung. Eigentlich hatte ich nichts erwartet, außer eine gute Sicht in die Umgebung, aber hier steht ein großes Kreuz. Wie meine späteren Recherchen ergeben haben, ist dies ein Relikt einer alten Kapelle, deren Bau im 19. Jahrhundert vom örtlichen Pfarrer veranlasst und in den 1970er-Jahren abgebrochen wurde.

Als ich mich so umschaue und alles auf mich wirken lasse, kann ich gut nachvollziehen, dass die Motte auch heute noch auf viele mystisch, gar magisch wirkt und Nährboden für viele Spukgeschichten bildete. Man sagt, hier sollen Heinzelmännchen, Zwerge bzw. Feuermännchen gelebt haben, aber auch die Weiße Frau und ein Werwolf sollen hier ihr Unwesen getrieben haben. Nicht zuletzt entstand auch ein lokaler religiöser Fürbitten-Kult mit Bindezauber-Brauchtum auf dem Hügel. Pilger glaubten eins an die heilenden Kräfte der Motte und banden ihre Krankheiten in Form von Schleifen an Zweige und ließen sie so auf dem Berg, um diesen gesund wieder hinabzusteigen. Schon faszinierend und fesselnd, was hinter der Motte Aldberg steckt und irgendwie spürt man ein wenig die Magie dieses Ortes.

Mehr Mystik

Bevor ich mich weiter in Gedanken verliere, verlassen wir den geheimnisvollen Erdhügel aber wieder und folgen dem leicht ansteigenden Weg durch den Wald bis zu einem Wiesengelände. Hier halten wir uns links und gehen nach ein paar Metern gleich wieder links durch ein Stückchen Wald bis zur Straße. Erneut geht es nach links und wir nähern uns schon fast wieder unserem Ausgangspunkt.

Aber es bleibt noch etwas mystisch, denn auf der linken Seite findet ihr noch kleine Seen, die tiefschwarz und irgendwie beunruhigend wirken. Kennt ihr noch den Horrorfilm „The Ring“ bzw. das gruselige Mädchen? Das würde in dieses Szenario perfekt reinpassen und könnte gefühlt jeden Augenblick aus dem Wasser emporsteigen. Okay, scheinbar geht meine Phantasie ein wenig mit mir durch, aber irgendwas löst der Ort in mir aus.

Etwas weiter auf der rechten Seite gibt es noch eine alte Ruine, der ehemalige Wein- oder Eiskeller des Raky-Schlösschens. Geht ihr hier noch die paar Treppenstufen in Richtung Wald hoch, gibt es noch etwas anderes zu entdecken, aber das dürft ihr selbst herausfinden. Eventuell findet ihr hier den Hexen- bzw. Rapunzelturm, der Anton Raky einst als Aussichtsturm diente.

Wer war Anton Raky?

Jetzt geht es direkt vorbei am alten Pförtnerhaus der Villa von Anton Raky, das wir ganz am Anfang vom Wasser.Blick aus schon gesehen haben. Vorbei an einem weiteren süßen Häuschen über einen kleinen Bach folgen wir jetzt nur noch der Anton-Raky-Straße bis zum Auto.

Aber wer war der Mensch überhaupt, nach dem Straßen und Weiher benannt wurde? Der Wasser.Blick am Anfang hat euch ja schon verraten, dass er ein erfindungsreicher Bohringenieur war. Mit der Entwicklung von Maschinen für Erdbohrungen zum Rohstoffabbau hat er sich einen Namen als erfolgreicher Unternehmer gemacht und ließ seinen Bohrkran damals patentieren. Schon Ende des 19. Jahrhunderts konnten so schon Erdölbohrungen von bis zu 340 Meter Tiefe durchgeführt werden. Durch die Verlegung der Zentrale der Internationalen Bohrgesellschaft nach Erkelenz, plante der Erfinder hier am Weiher eine riesige Villa. Diese wurde aber nie fertig gestellt und in den 1970er-Jahren gesprengt.

Lust auf mehr mystische Wanderungen und Spaziergänge am Niederrhein? Im Sommer geht es weiter…