Heimatliebe & Genuss in der Privatbrauerei Bolten
Hättet ihr gewusst, dass sich die älteste Altbierbrauerei der Welt am Niederrhein befindet? Und dass diese seit 1266 im privaten Besitz ist? Ich durfte die Privatbrauerei Bolten in Korschenbroich jetzt besuchen und mit einer Brauereibesichtigung einen Blick hinter die Kulissen des Traditionsunternehmen werfen. Das Highlight am Ende: Ein Mittagessen in dem erst Anfang August eröffneten Restaurant Landwirtschaft mit regionalen und saisonalen Leckereien direkt gegenüber.
Kurz vorab: Ich kenne die Privatbrauerei Bolten schon viele viele Jahre. Nicht, was ihr denkt… weil ich schon früh mit dem Biertrinken angefangen habe ;-), sondern, weil ich ganz in der Nähe aufgewachsen bin… für mich ist Bolten ein Stück Heimat und genau diesen Gedanken transportiert Geschäftsführer Michael Hollmann mit ganz viel Herzblut und einem phantastischen Team auch nach außen. Ich freue mich sehr, dass ich heute wieder zu Besuch und dabei alte und neue Gesichter treffen darf.
Das erste bekannte Gesicht treffen mein Fotograf Malte und ich schon auf dem Parkplatz – Braumeister und Produktionsleiter Torsten Schmidt. Ihn habe ich vor etwa fünf Jahren kennengelernt, als ich als Journalistin schon mal über die Bolten Brauerei berichtet habe. „So sieht man sich wieder. Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber trotzdem haben wir uns wiedererkannt“, lacht Torsten und führt uns zum Büro, wo wir auf Michael Hollmann treffen, der schon auf uns wartet. „Herzlich willkommen bei uns“, begrüßt uns der Geschäftsführer. „Zuerst bekommt ihr eine kleine Brauereibesichtigung und anschließend treffen wir uns drüben in der Landwirtschaft wieder.“ Hört sich super an! Und da kommt auch schon das erste neue Gesicht um die Ecke – Biersommeliére Claudia Schneider. Mit ihr und Torsten, der übrigens schon seit 32 Jahren für Bolten arbeitet, verfolgen wir in der kommenden Stunde den Entstehungsprozess des beliebten Altbieres.
Bevor es ausgestattet mit einem Haarnetz, einem Bolten-Mund-Nasenschutz und einer gelben Bolten-Warnweste direkt im Herzen der Privatbrauerei Bolten – dem Sudhaus – losgeht, erzählt uns Claudia mehr über die Geschichte der Brauerei und gibt uns einen Überblick über die verschiedenen Biersorten, die hier entstehen.
Braukunst seit 1266
„Unsere Geschichte hat 1266 mit Heinrich dem Brauer begonnen, der von der Herrschaft Myllendonk damals das Recht verliehen bekommen hat, auf dem Kraushof in Korschenbroich Bier zu brauen und das ist bis heute so“, erklärt uns Claudia kurz die Anfänge der Privatbrauerei Bolten. „Michael Hollmann hat die Brauerei 2005 übernommen und nicht nur frischen Wind in die älteste Altbierbrauerei der Welt gebracht, sondern auch die handwerkliche Kunst des Brauens und die Tradition der Privatbrauerei bewahrt“, „Heute arbeiten hier etwa 50 Mitarbeiter und zehn Millionen Liter Bier werden pro Jahr hergestellt.“ Wahnsinn, was für eine Zahl für eine Traditionsbrauerei vom Land, die sich ihre Eigenständigkeit stets bewahrt hat.
Vom Ur-Alt bis zum AltBierMisch
„Das ganze Jahr über produzieren wir verschiedene Sorten. Allen voran ist da natürlich BOLTENs Alt – süffig, leicht mild mit einer subtilen Süße, dicht gefolgt von BOLTENs Ur-Alt, ein naturtrübes Alt mit leichten Röstaromen mit einem Hauch von Zartbitterschokolade sowie einem fruchtigen Charakter. Ein spritziges Landbier haben wir aber auch im Programm, sowie ein Natur Pilsener, ein Ur-Weizen und das Helle“, erklärt Claudia. Hier ist für jeden Bierliebhaber das Passende dabei. „Im letzten Jahr haben wir auch zwei Biermischgetränke auf den Markt gebracht – BOLTENs AltBier Misch Zitrone und Johannisbeere mit einer Hälfte Altbier und einer Hälfte Limonade. Schmeckt total erfrischend und hat sogar wenig Kalorien. Last but not least haben wir auch zwei saisonale Biere: das obergärige Nikolaus Spezial und das untergärige Jecken Spezial.“ Das Beste: Alle Sorten könnt ihr hier im Werksverkauf direkt vor Ort kaufen, aber dazu später mehr. Jetzt starten wir erstmal im Sudhaus mit der Führung.
Der Brauprozess im Schnelldurchlauf
„Hier im Sudhaus siehst du drei Bottiche, in denen verschiedene Phasen ablaufen, die für unsere Bierproduktion unerlässlich sind. Im ersten Maischebottich wird Wasser und Malz zusammengeführt, das sind etwa 12.000 Liter Wasser auf 3.000 kg Malz. Drei Stunden wird die Mischung verrührt und dabei verschiedene Temperaturen erreicht, damit die Stärke aus dem Malz gelöst wird. Im nächsten Bottich wird geläutert. Das Feste wird vom Flüssigen getrennt, der Hopfen kommt dazu und das Ganze wird ordentlich gekocht. Am Ende geht es dann in den letzten Bottich bzw. in den Whirlpool, um die Trübstoffe herauszubekommen. Die fertige Würze kommt dann im Gärkeller an und den schauen wir uns als nächstes an“, führt uns Claudia weiter in die Tiefen der Brauerei. „Hier kühlen wir die Würze runter und erst dann kommt unsere Hefe dazu. Welche das ist, ist aber unser ganz spezielles Geheimnis“, schmunzelt Torsten und zeigt uns den Lagerbereich. „Rund fünf Tage dauert die Vergärung. Das Bier, das dann entsteht, nennt man Jungbier. Wir legen hier aber großen Wert auf eine ausreichende Lagerung bzw. den Nachreifeprozess, der bei uns etwa drei bis vier Wochen dauert. Ein gutes Alt braucht seine Zeit“, betont Torsten. Vorbei an einem riesigen Lagerbereich voller Bierkästen, Fäßer & Co., darf ich von oben einen Blick in die Flaschenabfüllung werfen. Hier werden 12.000 Flaschen in der Stunde befüllt, eine riesige Spülmaschine reinigt Träger (= Kästen) und Flaschen und der sogenannte, elektronische Inspektor, sorgt dafür, dass alle Flaschen abschließend kontrolliert werden. „Von der Entstehung des Bieres bis es in die Flasche oder das Fass kommt, dauert es etwa vier Wochen“, erklärt uns Claudia abschließend bei unseren letzten Stationen, in denen Fässer und große Ein- und Zwei-Liter-Flaschen noch per Hand abgefüllt werden. Spannend so einen Weg mal live zu verfolgen, über den man sich normalerweise keine Gedanken macht.
Ihr wollt selber mal auf Braumeister-Tour gehen?
Kein Problem! Ihr könnt die ca. 60- bis 90-minütige Brauereibesichtigung freitags bis sonntags nach vorheriger Terminabsprache buchen. Im Anschluss habt ihr die Möglichkeit auf ein zweistündiges, gemütliches Beisammensein. Besichtigungen sind aktuell in Gruppen zwischen 10 bis 15 Personen möglich und kosten 18,50 Euro pro Person. Enthalten ist ein Bolten-Mund-Nasenschutz, drei 0,33 l Bügelpülleken oder 0,3 l Softgetränk, zwei Bockwürste, Altbiersenf, Brot, Butter und Schmalz. Weitere Termine sind auf Anfrage natürlich auch möglich. Anmeldungen und mehr Infos gibt es bei der lieben Claudia unter claudiaschneider@bolten-brauerei.de
Geschenke- und Genussvielfalt im Werksverkauf
Wie schon anfänglich versprochen, schau ich mir als nächstes den Werksverkauf ein – ein echtes Schlaraffenland für Bier- und Feinkostliebhaber. Neben allen Bolten Biersorten finde ich hier liebevoll arrangierte Präsentkörbe, tolle Feinkostartikel von der Mönchengladbacher Manufaktur „Passione“, eine Vielzahl an Gewürzen von dem Willicher Unternehmen „Spirit of Spice“ und vieles mehr. „Herr Hollmann liegt es sehr am Herzen mit regionalen Anbietern zusammenzuarbeiten, wie z.B. mit der Terhorster Senfmühle aus Erkelenz, die mit unserem Alt einen Biersenf kreiert hat. Auch Passione hat eine eigene Grillsoße und Spirit of Spice einen Bierpfeffer für uns entwickelt. Und von der Metzgerei Erkes aus Korschenbroich-Glehn bekommen wir unsere Altbierwurst und -salami“, zählt Claudia die Highlights auf. Also wer für einen Geburtstag oder für Weihnachten, es dauert nicht mehr lange, noch ein Geschenk für Genussliebhaber sucht, wird hier definitiv fündig.
Noch ein kleiner Tipp von Claudia und Torsten, von denen ich mich jetzt leider schon verabschieden muss: Künftig bietet die Privatbrauerei Bolten auch kleine Events wie Craftbeer-Tastings, Bierstacheln und weitere Kurse wie „Die Essenz des Bieres“ an… ein regelmäßiger Blick auf die Homepage: https://www.bolten-brauerei.de lohnt sich also!
BOLTENs Landwirtschaft – das Beste vom Land
Jetzt freue ich mich aber auf ein leckeres Essen in der Landwirtschaft in die uns Michael Hollmann begleitet und uns den Betriebsleiter Denis Westerheide und den Küchenchef Sebastian Appenzeller vorstellt. „Dann kommt mal mit, wir führen euch ein bißchen rum“, lädt uns Denis ein. „Wir haben erst Anfang August geöffnet und sind schon fast jeden Abend ausgebucht. Toll, dass unser Konzept, ein Ort des Wohlfühlens zu schaffen, in dem man regionale und frisch zubereitete Speisen genießen kann, so gut ankommt.“ Allein das Interior mit dem hellen Holz kombiniert mit vielen kleinen „Bolten-Momente“ wie gebrandete Fässer, finde ich beeindruckend und die scheinbar endlose Theke ist ein Traum… Insgesamt 200 Gäste haben hier im Innenraum Platz und im Außenbereich gibt es durch den angrenzenden Picknick-Biergarten auch nochmal ordentlich Kapazität. „Und wer eine Location für eine Feierlichkeit sucht, für den können wir den hinteren Bereich abtrennen, der Platz für 100 Personen bietet“, erklärt uns Denis auf dem Weg zu einem ganz besonderen Highlight, das mir Claudia am Ende der Führung schon verraten hat.
Und zwar schauen wir uns den eigenen Gemüseacker an. Kleine Holzschilder offenbaren, was hier in Zukunft wächst. Mit dabei: Spargel, Melonen, Gurken, Mangold, Kohlrabi, Kürbisse, Bohnen & Co. „Einiges verwenden wir für unsere Küche, aber einen Teil verkaufen wir auch künftig. Hier wird dann ein Stand aufgebaut, an man die frischen Produkte direkt kaufen kann“, erzählt mir Sebastian. Eine tolle Idee, die ich auch bestimmt nutzen werde.
Niederrheinisch interpretierte Köstlichkeiten
Da wir auf dem Weg zurück ins Restaurant die Frage, ob wir Hunger haben, mit einem deutlichen „Ja“ beantworten können, dürfen wir uns nicht nur direkt einen schönen Tisch, sondern uns auch ausnahmsweise etwas von der Abendkarte aussuchen. „Für die Mittagszeit gibt es nur eine kleinere Karte mit Gerichten unter zehn Euro, die aber bisher auch schon super angenommen wird“, ergänzt Denis. Da mir die Wahl für welche Vorspeise ich mich entscheiden soll, nicht gerade leicht fällt, bekomme ich von Sebastian ein wenig Unterstützung. Er empfiehlt mir einfach „Von allem etwas“, was übrigens genauso auch auf der Karte steht. Bei Malte fällt die Wahl auf eine niederrheinisch interpretierte Version von Vitello Tonnato, eben „BOLTENs Vitello“ mit hauchdünn geschnittenem Altbierbraten, Kalbsfleisch, mit Thunfisch-Kapern-Sauce und Variation von Blattsalaten an Altbierdressing. Nach einer kurzen Wartezeit steht meine Vorspeisen-Variation vor mir: Pflaumen im Speckmantel, ein Kartoffelsüppchen, ein Blutwursthappen mit Apfel, Zwiebel und Pumpernickel, ein Weißwurstragout, BOLTENs Röststulle mit Altbierbraten, Apfel-Spitzkohl und BOLTENs Senfcreme und BOLTENs Currywurst mit Currysauce von „Passione“. Sieht alles nicht nur unglaublich lecker, sondern es schmeckt auch so. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mich erst nicht so recht an die Blutwurst herangetraut, da war irgendwie mein Kopf im Weg, aber es zu probieren, hat sich definitiv gelohnt!
Als Hauptspeise wähle ich den Landwirtschaft-Burger mit einem Rindfleisch-Patty, BOLTENs Schmorzwiebeln, Blattsalat, Gurkenmarmelade, gebratener Tomate, Cheddar, Land-Pommes und Altbier-Mayonnaise. Kleines, privates Geheimnis am Rande: Nach einem gut gemachten Wiener Schnitzel gehören Burger und Pommes zu meinem absoluten Lieblingsessen. Schon der erste Bissen lässt mich Dahinschmelzen und auch Malte ist von seinem Kalbsrückensteak mit geschmortem Saisongemüse, Drillingen und Waldpilzschaum mehr als begeistert. Mein Fazit: Ich komme definitiv wieder und muss die anderen Highlights auf der Karte testen. Ihr wollt wissen, was es noch so alles gibt – hier findet ihr die Speisekarte: https://www.bolten-brauerei.de/UserFiles/211/de/landwirtschaft_speisekarte.pdf
Geöffnet ist die Landwirtschaft übrigens Montag bis Samstag von 11.30 bis 24.00 Uhr und Sonntag von 10 bis 23 Uhr, die Küche ist an allen Tagen bis 22 Uhr geöffnet. Bitte denkt vorab an eine Tischreservierung.
Ihr wollt mehr über die älteste Altbierbrauerei erfahren?
Hier geht es weiter: https://niederrhein-tourismus.de/genuss/privatbrauerei-bolten